Folge 3: "Die Entstehung der Wiener Ringstraße"

Die Entstehung der Wiener Ringsstraße

Die Wiener Ringstraße wurde am 1. Mai 1865 eröffnet. Kaiser Franz Josef persönlich nahm die feierliche Eröffnung vor.

Stattgefunden hat dieses denkwürdige Ereignis vor dem äußeren Burgtor. Anwesend waren dabei auch Kaiser Kaiserin Elisabeth und der damalige Bürgermeister von Wien Andreas Zelinka.

Die Anlage der Ringstraße dauerte bis zum Ende des Jahres 1870, wobei die gesamte geplante Stadterweiterung erst mit Beginn des ersten Weltkrieges 1914 im Wesentlichen abgeschlossen war.

Man kann sich vorstellen, dass die Entstehungsgeschichte für so ein Riesenprojekt sehr umfangreich war und auch dementsprechend lange gedauert hat.

 

Nur mit der Entstehungsgeschichte allein könnte man schon Bände füllen. In aller Kürze möchte ich dir hier einige wichtige Informationen zur Entstehungsgeschichte geben, bevor wir uns auf den Spaziergang auf die Wiener Ringstraße begeben.

 

Zuerst einmal stellt sich die Frage: "Was wird eigentlich als Wiener Ringstraße bezeichnet?

 

Hier findet man unterschiedliche Auslegungen.

 

Teilweise wird als „Wiener Ringstraße“ der Bereich von der Urania bis zum Ringturm bezeichnet. Also Beginn und Ende am Donaukanal. Das wäre allerdings kein wirklicher „Ring“

 

Deshalb gibt es auch Quellen, bei denen der Franz-Josefs-Kai miteinbezogen wird und somit wäre die Ringstraße tatsächlich ein „Kreis“ – also „ein Ring“.

 

Ich konzentriere mich in dieser Serie auf den Bereich von der Urania bis zum Ringturm. Das entspricht auch der heute gängigen Meinung, dass dieser Bereich die „eigentliche Wiener Ringstraße“ ist. Um aber den Franz-Josefs-Kai nicht ganz unter den Tisch fallen zu lassen, wird es auch einige Beiträge zu diesem Abschnitt geben. Interessant ist, dass sich in diesem Bereich die Ruprechtskirche befindet. Das ist angeblich die älteste Kirche Wiens und dort sieht man noch Fragmente der ehemaligen Wiener Stadtmauer.

 

Bei der Länge der Ringstraße findet man unterschiedliche Angaben. Meist werden 5,2 Kilometer inklusive dem Franz-Josefs-Kai angegeben.

 

"Was war vor dem Bau der Ringstraße und deren Gebäude an deren Stelle?"

 

Die Stadt Wien umgab seit dem Mittelalter eine mächtige Stadtmauer. Dies erschwerte lange Zeit eine Erweiterung der Stadt. Es herrschte auch eine große Wohnungsnot. 1869 lebten im heutigen ersten Bezirk ca. 68.000 Einwohner, 2021 waren es rund 16.000.

 

Zwischen der Stadtmauer und den Vorstädten war seit 1529 eine Freifläche, genannt das „Glacis“.

 

Zur Illustration hier zwei Grafiken mit alten Ansichten. Die erste Grafik zeigt einen Plan von Wien vor der Errichtung der Ringstraße. In der Mitte der heutige erste Bezirk und die weiße Fläche herum war das Glacis. Die zwiete Grafik stammt aus dem dem 17. Jahrhundert und da gab es auch noch einen Wassergraben rund um die Stadt (zum Vergrößern bitte anklicken).

Quelle der Grafik:

Von J & C Walker Sailp - John Murray, Albemarle Steet, London, Gemeinfrei,

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wien1858.jpg

Vogelschau auf Wien von Norden. Zweite, unveränderte Ausgabe von 1640, basierend auf der ersten Ausgabe von 1609
Vogelschau auf Wien von Norden. Zweite, unveränderte Ausgabe von 1640, basierend auf der ersten Ausgabe von 1609

Quelle der Grafik: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vienna_austriae_detail.jpg

Jacob Hoefnagel, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Wiener Stadtmauern waren Bauwerke, die ab den Zeiten des Kelten- bzw. Römerlagers Vindobona der Befestigung der Stadt Wien dienten. Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert und modernisiert. Basteien waren vorspringende fünfeckige Geschützterassen an die auch heute noch Ortsangeben wie Dominikanerbastei oder Mölkerbastei erinnern.

 

Da es durch den enormen Platzmangel innerhalb der Stadtmauern kaum Grünflächen gab wurde das Glacis von der Bevölkerung verschiedenartig genützt. So verrichteten Gewerbetreibende ihre Arbeiten und es wurden Waren angeboten. Das Glacis war auch ein beliebter Aufenthaltsort der Wiener. Die Breite dieser Freifläche war zwischen 280 und 450 Meter.

 

Rund um 1825 gab es Pläne das Glacis zu verbauen, wobei an das Schleifen der Stadtmauer noch nicht gedacht war.

 

1857 ordnete Kaiser Franz Joseph I den Bau eines Boulevards an Stelle der Stadtmauer und des Glacis an um somit die Stadterweiterung zu ermöglichen. Die neue Straße sollte ein prächtiger Repräsentationsboulevard werden. Es wurde ein Planungswettbewerb ausgeschrieben, wobei Kaiser Franz Josef I einige Vorgaben machte, die seiner Meinung nach bei Planung berücksichtigt werden müssen.

 

Diesem Beschluss sind zähe Verhandlungen mit dem Militär vorangegangen, das sich jahrelang gegen den Abbruch der Stadtmauer und der Verbauung des Glacis aussprachen. Das Militär hielt diese Befestigungsanlagen für unverzichtbar. Der Durchbruch bei den Verhandlungen gelang dadurch, dass dem Militär die weitere Errichtung von Militärbauten und die Beibehaltung des Exerzier- und Parade­platzes zugesagt wurde. Die weitere Entwicklung der Ge­schichte zeigte aber, dass nicht alle der Zusagen eingehalten werden konnten.

 

Beim Planungswettbewerb gingen mehrere Architekten als Sieger hervor:

Ludwig Förster, Friedrich August von Stache sowie an das Team Sicardsburg und van der Nüll.

 

Die Finanzierung der öffentlichen Gebäude wurde durch den Verkauf von Bauparzellen an private Bauherren erreicht. Dass sich das vor allem nur sehr reiche Private leisten konnten versteht sich von selbst. Industrielle und Bankiers findet man sehr häufig bei diesen Parzellenkäufern und diese haben mit dem Bau von prunkvollen Palais ihren Reichtum demonstriert.

 

Im Frühjahr 1858 begannen die Abbrucharbeiten. Als erste Bastei wurde die Stubenbastei abgebrochen und mit dem eigentlichen Bau der Ringstraße wurde 1860 begonnen. Als Vorbild diente Paris und es sollte eine doppelte Allee mit vielen Bäumen werden. Gepflanzt wurde hauptsächlich Linden- und Ahornbäume sowie Platanen. Heute stehen auf der Wiener Ringstraße ca. 2.000 Bäume.

 

Wenn man einschlägige Literatur durchgeht, dann ist klar, dass es über die Entstehung der Wiener Ringstraße noch wesentlich mehr zu berichten gebe. Aber das würde hier den Rahmen sprengen.

 

In der nächsten Ausgabe werde ich Ihnen einige der bekanntesten Architekten vorstellen, die bei der Entstehung von Bauwerken an der Ringstraße beteiligt waren.